06.11.2024

Pestizidverbote: Stand der Abklärungen

In absehbarer Zeit dürften rund 180 Pflanzenschutzmittel für Zier- und Sportrasen in der Schweiz nicht mehr erhältlich sein oder ihre Anwendung stark eingeschränkt werden. Das betrifft die Hobbygärtner ebenso wie die Greenkeeper.

Der Bund verringert die heute zugelassenen Pflanzenschutzmittel drastisch im Zuge des Aktionsplans zur Risikoreduktion und nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln. «Den Greenkeepern wird die Arbeit nicht einfacher gemacht, wenn jedes Jahr Wirkstoffe wegfallen, die sich nicht adäquat ersetzen lassen», meint Bruno Pribanic, als Regulatory Manager verantwortlich für Produkt-Registrierungen bei Syngenta Agro AG. Die rund hundert Golfclubs, die im Verband zusammengeschlossen sind, gelten bei Syngenta als wichtige Kunden. Auch Grossisten, die ihrerseits die Golfplätze bedienen, stellen einen signifikanten Teil des nicht-landwirtschaftlichen Geschäfts dar.

Nach der Vernehmlassung zum Verordnungspaket Umwelt Herbst 2022 wurde das Inkrafttreten der angepassten Verordnung auf 2023 festgelegt. Seither dauert die Prüfung der bestehenden Zulassungen durch das BLV (Bundesamt für Lebensmittelsicherheit) an, da alle Pflanzenschutzmittel nach den Kriterien der neuen Verordnung neu zu beurteilen sind. In Siedlungsgebieten werden die meisten der bisher verfügbaren Pflanzenschutzmittel gestrichen oder ihre Anwendung wird eingeschränkt.

Unklarheit herrscht, welche Golfplätze durch die Revision der Pflanzenschutzverordnung betroffen sein werden, denn dies hängt von der jeweiligen Zone ab.

In der aktuellen Pflanzenschutzmittelrevision wird Siedlungsgebiet mit Bauzone definiert. Diese neue Gesetzgebung soll Anfang 2025 in Kraft treten. Golfplätze in Bauzonen wären somit von den Einschränkungen betroffen. Unklar bleibt aber, ob andere Plätze, etwa in Landwirtschafts-, Tourismus- oder Freizeitzonen, ebenfalls betroffen sind. Der Greenkeeper, der diese Mittel ausbringen will, benötigt zudem eine Fachbewilligung.

Was ist dem Greenkeeper noch erlaubt?

Produkte werden über alle Indikationen hinweg gestrichen. Vor allem bei den Insektiziden wird nur der Einsatz von Nützlingen möglich sein. Der Wegfall von Produkten, welche Substitutionskandidaten als Wirkstoffe enthalten, werden die Palette an Einsatzmöglichkeiten von Herbiziden und Fungiziden ebenfalls deutlich einschränken.

Noch stärker eingeschränkt wird die Produktepalette für Hobbygärtner, allen voran die Produkte, welche als bienengefährlich oder gewässergefährdend eingestuft werden. Professionelle Greenkeeper haben sich mit dem Thema der Bienen schon länger befasst: Aufgrund der zunehmenden Sustainability-Massnahmen fanden auch Bienenvölker auf Golfplätzen eine neue Heimat. Produkte mit verbessertem Risikoprofil könnten in Zukunft Abhilfe schaffen, doch diese sind noch nicht auf dem Markt.

Neue Produkte warten auf Zulassung

Neue Produkte stauen sich nämlich bei der Zulassungsstelle des BLV. Pribanic spricht sogar von einem «Gesuchsstau»: Derzeit sind mehrere Hundert Gesuche in Abklärung, auch für Produkte, die im restlichen Europa längst zugelassen sind. Doch während die Überprüfung in Europa in der Regel 12 bis 24 Monate dauert, werden die Produkte in der Schweiz meist mit einer hohen Verzögerung zugelassen, was manchmal bis fünf Jahre in Anspruch nimmt.

Gerade für Greenkeeper befinden sich einige wünschenswerte Wirkstoffe in der Pipeline. Wie allgemein bekannt ist, breitet sich der Japankäfer aus, der die Greenkeeper noch beschäftigen wird. Bestimmte Produkte sind zum Beispiel in Italien und Frankreich erhältlich, hier jedoch noch nicht zugelassen. In diesem Fall könnte das BLV eine (auf ein Jahr begrenzte) Notzulassung aussprechen. Die Swiss Greenkeepers’ Association und Swiss Golf müssten einen Antrag stellen, falls eine Notfallzulassung unausweichlich wird.

Für Greenkeeper dürfte es von Interesse sein, dass in der Chemieindustrie aktuell erhebliche Anstrengungen unternommen werden, um Lücken im Produktportfolio durch biologische Alternativen zu schliessen. So baut Syngenta sein Angebot im Bereich der Biostimulanzien und Biocontrols (biologische Schädlingsbekämpfung) aus. Ein Beispiel für Biocontrols ist der Einsatz von Nematoden, also Fadenwürmern, als Schädlingsbekämpfer. Diese Entwicklung zeigt einen wichtigen Trend im Pflanzenschutz auf.

Bruno Pribanic weist aber darauf hin, dass die Reduktion des Portfolios an Pflanzenschutzmitteln nicht ohne Folgen bleiben wird: «Optisch müssen sicherlich Abstriche gemacht werden.»

Blick ins Ausland

Die EU hält gar ein Komplettverbot der Pestizide in sensiblen Bereichen für angebracht, zu denen auch Golfplätze zählen. Ein Komplettverbot würde die Greenkeeper vor das Problem stellen, noch keine ausreichenden nicht-chemischen Lösungen zur Hand zu haben. Die European Golf Association gibt zu bedenken, dass Greenkeeper dann Pilzerkrankungen und Käfer nur durch systematische Vorarbeit bekämpfen könnten. Der europäische GK-Dachverband FEGGA stellt seinerseits fest, dass der Golfsport seit Jahren ein Vorreiter der umweltgerechten Sache ist – und nun abgestraft werden soll.

Golfregionen wie Spanien, die stark vom Tourismus abhängig sind, weisen auf die Notwendigkeit der hohen Pflegequalität der Golfrasen hin. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass gewisse Regionen eher bewusst Bussen in Kauf nehmen werden als die Qualität ihrer Anlagen zu senken. Allerdings haben sich Länder wie die Niederlande bereits ein fast komplettes Pestizidverbot auferlegt. Es gibt aber auch Staaten wie Tschechien oder Ungarn, deren Umgang mit Pflanzenschutzmitteln weniger restriktiv ist. In den USA, Asien und den Vereinigten Arabischen Emiraten ist der Ruf nach Pestizidverboten noch nicht zu hören.

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