Etienne Marclay

22.07.2022

Es geht um den Fortbestand des Golfsports

Leidenschaft für den Golfsport und Interesse an Nachhaltigkeitsfragen sind Etienne Marclays Motivation für sein Engagement im Swiss Golf Vorstand. Im Interview spricht er über Nachhaltigkeitsziele des Verbands, Schwerpunkte seiner Arbeit und erste Erfolge im Amt.

2022-08-02 / MF

Am 19. März wurde Etienne Marclay von der Delegiertenversammlung in den Vorstand von Swiss Golf gewählt. Fünf Tage später hat er in seinem Heimclub, dem Golf Club Lausanne, von Amtsvorgänger Jan Driessens die Nachhaltigkeits-Agenden und dazugehörenden Unterlagen übernommen. Seit dieser Stabsübergabe sind 131 Tage vergangen – ein guter Zeitpunkt, um eine erste Bilanz zu ziehen.

Etienne Marclay, wie wichtig ist Nachhaltigkeit in Ihrem Leben?
Etienne Marclay: Der Gedanke der Nachhaltigkeit ist mir sehr wichtig und ich versuche, ihn nach Möglichkeit in mein Privat- und Berufsleben zu integrieren. Ich nutze, wenn immer möglich, öffentliche Verkehrsmittel und setze auf sanfte Mobilität. Zu Kommissionssitzungen oder für andere Treffen mit Alicia Moulin, Nachhaltigkeitsmanagerin bei Swiss Golf, reisen wir fast ausschliesslich mit öffentlichen Verkehrsmitteln an. Unsere Familie hat den Verbrauch natürlicher Ressourcen angepasst, insbesondere was die Ernährung betrifft.

Was motiviert Sie, sich als Vorstandsmitglied von Swiss Golf und Präsident der Kommission Nachhaltigkeit & Golfanlagen zu engagieren?
Das Thema Nachhaltigkeit betrifft uns alle – als Bürger und Bewohner dieses Planeten. Meine Leidenschaft für den Sport im Allgemeinen und den Golfsport im Besonderen mit meinem grossen Interesse an Nachhaltigkeitsfragen ganz generell in Einklang bringen zu können, ist für mich eine grosse Motivation. Ich hoffe, dass ich mit meinem Engagement die von meinem Vorgänger und der Kommission Nachhaltigkeit & Golfanlagen bereits geleistete Arbeit fortsetzen und die Umsetzung der Strategie von Swiss Golf vorantreiben kann.

Welche Nachhaltigkeitsziele wollen Sie in Ihrer ersten Amtszeit erreichen?
Zunächst einmal dürfen wir nicht aus den Augen verlieren, dass das ultimative Ziel darin besteht, langfristig den Fortbestand des Golfsports in einem sich leider verändernden Klima- und Umweltumfeld zu sichern («Licence to operate»). Dies auch vor dem Hintergrund immer knapper werdender Ressourcen und immer restriktiverer Vorschriften (Wasser, Pflanzenschutzmittel usw.). In der Strategie von Swiss Golf wurden quantitative strategische Ziele definiert, die kurzfristig – um nur einige zu nennen – Folgendes vorsehen: 1. Die Zertifizierung aller Golfclubs in der Schweiz. 2. Die Erarbeitung konkreter Aktionspläne in den drei Arbeitsgruppen «nachhaltiges Rasenmanagement», «Biodiversität» und «Kommunikation». 3. Den Referenzrahmen für den Bau und Umbau von Golfplätzen in der Schweiz mit dem BAFU aktualisieren. Dennoch muss man sich darüber im Klaren sein, dass die Zertifizierung an sich kein Selbstzweck ist. Sie soll den Golfanlagen helfen, ihre Nachhaltigkeit durch konkrete Massnahmen stetig zu verbessern. Swiss Golf möchte den Golfclubs ein Instrument zur Verfügung stellen, mit dem sie regelmässig ihre Ökobilanz erstellen und die Auswirkung der ergriffenen Massnahmen messen können.

Wo wollen Sie Schwerpunkte bei den Nachhaltigkeits-Bestrebungen von Swiss Golf setzen?
«Ein ganzheitliches Verständnis des Potenzials von Golfplätzen, zur Biodiversität beizutragen, ist einer der Bereiche, auf die wir uns konzentrieren wollen», hat es Alicia Moulin kürzlich sehr gut beschrieben. Im Hinblick auf die Verknappung der Ressourcen und die unausweichliche Reduzierung des Einsatzes bzw. Verbots von Pflanzenschutzmitteln, müssen wir uns auch auf die Entwicklung von Produkten und Techniken konzentrieren, die an die zukünftigen Umgebungen angepasst sind. Dazu müssen wir auf das praktische Wissen der Menschen, die in diesem Bereich arbeiten, aber auch auf das Wissen aus Forschung und Industrie in der Schweiz und im Ausland zurückgreifen können. Ich möchte auch die Frage nach den Auswirkungen der Mobilität vertiefen und in diesem Bereich mit anderen Sportverbänden und Swiss Olympic zusammenarbeiten. Generell möchte ich, dass unser Ansatz zu Fragen der Nachhaltigkeit auf einer soliden wissenschaftlichen und faktischen Grundlage steht, damit konkrete und quantifizierbare Massnahmen festgelegt werden können.

Nach gut 100 Tagen im Amt, wie ist Ihr erster Eindruck?
Meine Wahrnehmung ist sehr positiv und ich schätze meine bisherige Arbeit sehr. Ich habe bereits viele und gehaltvolle Gespräche auf verschiedenen Ebenen geführt und ich stelle ein grosses Interesse an dem was wir tun fest – auch aus Nicht-Golfkreisen. In diesen Belangen und auf operativer Ebene werde ich von Alicia Moulin gut unterstützt. Ebenso von denjenigen Clubs, die in diesem Bereich Vorreiter sind und dank denen eine positive Dynamik entstanden ist. Allerdings habe ich noch längst nicht mit allen Clubs Kontakt aufnehmen können; ich hoffe aber, dass mir das nach und nach gelingen wird. Mir ist bewusst, dass diese Aufgabe und das Thema sehr umfangreich sind und wir uns auf eine begrenzte Anzahl von Themen konzentrieren müssen, um diese richtig angehen zu können. Es lässt sich nicht alles auf einmal lösen und wir müssen aufmerksam bleiben, denn wie das Sprichwort sagt: «Wer zu viel küsst, umarmt schlecht.»

Welche ersten Erfolge oder Highlights durften Sie in den ersten viereinhalb Monaten im Amt schon feiern?
Der sehr konstruktive und intensive Dialog, den wir seit diesem Frühjahr mit dem Bundesamt für Umwelt BAFU aufbauen konnten, freut mich ganz besonders. Unser proaktives Vorgehen gegenüber diesem Amt, aber auch verschiedenen anderen Institutionen – ProNatura, ProSpecieRara, etc. – und Interessengruppen wird gut wahrgenommen und bestärkt mich in der Überzeugung, dass wir den richtigen Ansatz verfolgen.

Wie steht der Golfsport in Sachen Nachhaltigkeit im Vergleich zu anderen Sportarten in der Schweiz da?
Der Schweizer Golfsport ist, wie Swiss Olympic zugibt, die führende Outdoor-Sportart in Bezug auf Nachhaltigkeit. Darauf können wir stolz sein – auch wenn die Tatsache, dass unser Sport an klar abgegrenzten Orten und auf klar abgegrenzten Flächen ausgeübt wird, unsere Bemühungen zweifellos erleichtert. Dies ist jedoch kein Grund, sich auf den Lorbeeren auszuruhen; wir müssen unsere Bemühungen fortsetzen, da die Herausforderungen im Bereich der Nachhaltigkeit, wie vorhin erläutert, nach wie vor sehr gross sind.

Wo sehen Sie die Schweiz in Sachen Golf & Nachhaltigkeit im internationalen Vergleich?
Die Schweiz gehört zu den führenden Golfnationen, wenn es um Nachhaltigkeit in unserem Sport geht. Unser Ansatz stösst bei anderen Verbänden auf grosses Interesse, und wir freuen uns über diesen Austausch, denn auch wir können von den Entwicklungen im Ausland lernen. Wir werden unsere Kontakte intensivieren und weiterhin eine aktive Rolle in der Arbeitsgruppe Nachhaltigkeit des Europäischen Golfverbands EGA spielen.

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