09.10.2024

Kurs für Greenkeeper – Jeden Grashalm kennen

Das Bildungszentrum Gärtner JardinSuisse Zürich (BZG) ist Lernort der Grünen Branche. Unter dem Dach des Gärtnermeisterverbands des Kantons Zürich führt das Kompetenzzentrum Greenkeeping auch spezifische Kurse für Greenkeeper durch.

Bei einigen ist es noch gar nicht lange her, dass sie die Schulbank drückten. Die Kursteilnehmer, die sich über ihre Kursunterlagen beugen, sind im Durchschnitt wohl Mitte zwanzig. Die Klasse aus 19 Männern (richtig gelesen, es ist diesmal keine einzige Frau dabei) setzt sich zusammen aus Mitarbeitenden von Gemeinden, Sportplatzbaufirmen, Gartenbauern und Golfanlagen. Unterschiedliche Motivationen haben sie ins BZG in Pfäffikon ZH geführt, wo sie vier Kurstage zu den Grundlagen von Rasenpflege und Bodenkunde absolvieren.

Joshua Senn zum Beispiel: Er arbeitet beim Berner Golfpark Moossee, wo sich für den Greenkeeper eine berufliche Weiterentwicklung auftut. Obwohl er Landschaftsgärtner ist, kann er hier viel dazulernen. «Man hat eben nie ausgelernt!», sagt er. Vorher konnte Senn Rasenarten nicht an ihren Merkmalen ­erkennen, «und in der Bewässerung kann ich hier ebenfalls dazulernen».

Martin Rysers Arbeitgeber wiederum, der Golfclub Thunersee, hat ihm den Kurs finanziert, damit er noch tiefer in die Materie eintauchen kann. Obwohl er eine Ausbildung zum Fachmann Betriebsunterhalt hat, nimmt er sich vor, im  stillen Kämmerlein noch viel zu büffeln, denn «das Diplom, das es hier zu holen gibt, macht sich im Werdegang nicht schlecht».

Was eine Rasenpflanze braucht – und was nicht

Die Köpfe mit Wissenswertem füllt Dr.  Dirk Kauter. Der Agronom ist selbstständiger Gutachter von Profirasen und auch in Nachhaltigkeitsprojekte von Swiss Golf involviert, unter anderem im Forschungsprojekt Dollar Spot.

Kauter zählt die Wachstumsfaktoren für Rasengräser auf. Dieses Mantra wie auch die wichtigsten Grasarten wird er an diesem Tag noch mehrmals wiederholen: «Man kann noch so viel ’Zaubermittel’ von Düngerherstellern und anderen Anbietern draufwerfen – ohne Sauerstoff im Boden wächst die Wurzel keinen Millimeter.» Er muss das richtige Gemisch aus Sauerstoff und Feuchtigkeit enthalten. 

Auch die Photosynthese muss der Greenkeeper fördern, wenn er auf einen funktionierenden Rasen stolz sein will. Licht und Schatten, so der Kursleiter, spielen eine grosse Rolle, ob er dabei erfolgreich ist. Photosynthese ist ein Dreh- und Angelpunkt für einen vitalen Rasen. Kauter klickt durch die Fotos eines Fussballstadions: künstliche Belichtung, die Unmengen Strom verschlingt, wo sonst keine ausreichende Photosynthese möglich ist. Ein solcher Sportrasen stellt hohe Ansprüche an Widerstandsfähigkeit, Trittfestigkeit und Farbe – man stelle sich ein Fussballspiel auf gelbem Rasen vor! Kauters hemdsärmliger Unterricht liegt auf Augenhöhe. «Unser Job, Pflanzennährstoffe in der Praxis zu managen, ist gar nicht so einfach.» Seine Schüler stimmen zu.

Gras hat viele Facetten

Man spürt es gleich: Sobald der Unterricht nach draussen verlegt wird, atmen die Gärtner und Greenkeeper durch. Wahrscheinlich hatten sie im Theoriezimmer ihre Lieblingsfarbe Grün schon vermisst, die nur in einer einzigen Topfpflanze vertreten ist. Auf dem Schulungsgelände des BZG gilt es nun, die Theorie in der Praxis anzuwenden. Die Schüler sollen Rasengräser bestimmen. Schwieriger, als es klingt. Denn Gras ist nicht gleich Gras. Die Klasse nimmt die Rasentriebe und -blätter unter die Lupe. Sind sie gerollt, glatt, gerieft, gefaltet? Durch Kriterien wie borstenartig (wie in der Rotschwingelgruppe) oder nicht-borstenartig («flächig») sind sie zu unterscheiden.

Hirsen zeigen oft rote Verfärbungen oder Behaarung. Rohrschwingel weist grobe, breite Blätter auf. Straussgras, das wichtigste Gras für Golfgreens, ist fein und kurzwüchsig. Das strapazierbare Englische Raygras erkennt man unter anderem an der glänzenden Blattunterseite mit rotviolettem Halmgrund. Der Vollständigkeit halber seien noch die Wiesenrispe, die Jährige Rispe und die Gemeine Rispe erwähnt. Es ist viel, was es zu lernen gilt, damit aus einem guten Greenkeeper ein noch besserer Greenkeeper wird!

Die vielfältigen Gräser lassen sich in zwei Gruppen unterteilen: die an ge­mässigte Klimabedingungen Angepassten und jene im warmen Süden, die Warm Season Grasses, die bei uns weniger verbreitet sind und vor allem als Ungräser eine Rolle spielen. Aufgrund der Klimaveränderungen stellt sich jedoch auch die Frage der Wahl des richtigen Rasens neu. Hier ist die Trockentoleranz das wegweisende ­Kriterium, allerdings mit neuen Sorten aus dem aktuellen Gräserspektrum.

Anspruchsvolle Prüfung

Dirk Kauter führt in diesem Kurs in fünf Modulen à vier Tage – neben anderen kompetenten Referenten – schon seit sieben Jahren mehrere Kurstage durch. Der Lehrgang ist etabliert und entsprechend gut besucht. «In der Regel besitzt ein Viertel der Klasse gute Vorkenntnisse, während für drei Viertel die Materie eher neu ist.» In der welschen Schweiz, in Grangeneuve nahe Fribourg, besteht dasselbe Kursangebot, allerdings aufgrund des kleineren Einzugsgebiets nur zweijährlich.

Diese Module werden mit einer Prüfung abgeschlossen. Sie ist so anspruchsvoll, dass immerhin etwa ein Viertel der Prüflinge durchfallen. Was dem Kursleiter als Mitgrund dafür auffällt, ist das teilweise mangelnde Verständnis der deutschen Sprache. Die ersten drei Kursblöcke (jeweils vier Tage) führen zum Titel Greenkeeper Assistant/Sportrasen­pfleger, die Blöcke 4 und 5 (jeweils 3 bis 4 Tage) zum Titel Greenkeeper beziehungsweise Sportrasenspezialist.

Unkraut vergeht nicht

Am Ende der Übung nehmen die Schüler alle Sinnesorgane zu Hilfe und riechen auch am Unkraut – manches lässt sich auch am Geruch erkennen. Der Greenkeeper muss Freund und Feind kennen. «Hier, ein lästiges Katzenäugli, der Fadenförmige Ehrenpreis.» Kauter zupft im Gras, reisst das Unkraut mitsamt der Ausläufer aus: «Seht ihr, hier wachsen neue Triebe, die Blätter bleiben unter der Schnitthöhe.»

Solche unerwünschten Gäste können Indikatoren dafür sein, wie es um den Boden und die Nährstoffversorgung bestellt ist. Kann man das Unkraut ausstechen oder wegspritzen, wie kann man vorbeugen? Wie kann man die Konkurrenzkraft der erwünschten Grasarten erhöhen? Fragen, auf die der Kurs Antworten liefert.