04.03.2024

ZWEI THURGAUER VOM GC LIPPERSWIL IM GLEICHSCHRITT AUF DIE DP WORLD TOUR

Mit Joel Girrbach und Benjamin Rusch ­vertreten in diesem Jahr gleich zwei Ostschweizer Golfer aus dem gleichen Club die Schweiz auf der DP World Tour. Ein Besuch im GC Lipperswil zeigt, mit wie viel Leidenschaft auf der Anlage gearbeitet wird.

Nach all den Jahren wieder aufzusteigen, bedeutet mir sehr viel und ist grossartig

– Joel Girrbach

Man darf die Feste feiern, wie sie kommen. Kurz vor Weihnachten stieg im Golfclub Lipperswil eine Party der besonderen Art. Am 18. Dezember gab es einen Empfang für die beiden erfolgreichen Clubmitglieder Joel Girrbach und Benjamin Rusch, die Ende 2023 den Sprung auf die DP World Tour geschafft hatten. Zwei Thurgauer in der führenden Turnierserie Europas – wer hätte das für möglich gehalten? 

Der Kreuzlinger Girrbach und der Weinfelder Rusch wurden deshalb von mehr als 120 Personen – darunter Clubmitglieder, Sponsoren, Familienmitglieder, Medienvertreter, Management, Verwaltungsräte, Vorstand, Mitarbeitende und Politiker – im Restaurant TWENTY7 ausgelassen gefeiert. 

Innerhalb von zehn Tagen hatten Girrbach und Rusch das Spielrecht für die DP World Tour erhalten. Rusch hatte dabei an den sechstägigen, herausfordernden Qualifying-School-Finals in Spanien nach zwei durchschnittlichen Runden zum Auftakt in den vier letzten Runden mit -3, -4, -4 und -5 brilliert. Dabei leidet er seit längerer Zeit an Rückenproblemen und Schmerzen im Hüftbereich. Dennoch entschloss sich Rusch Anfang Jahr nach Rücksprache mit den Ärzten, 2024 anzutreten und keine Pause einzulegen. 

 

Das Ehepaar als neue Manager 

Der 34-jährige Girrbach wiederum hatte den Aufstieg als 17. in der Order of Merit der Challenge Tour geschafft. Er nimmt zum zweiten Mal nach 2019 an der DP World Tour teil. «Darauf bin ich sehr stolz», sagt Girrbach. «Nach all den Jahren wieder aufzusteigen, bedeutet mir sehr viel und ist grossartig.» 

Girrbach ist vier Jahre jünger als Rusch, mit Golfen haben aber beide nahezu gleichzeitig begonnen – im Jahr 2001 im 1999 gegründeten GC Lipperswil. Der eine mit acht, der andere mit zwölf Jahren. Seither sind die beiden ziemlich im Gleichschritt unterwegs. Und selbst wenn es Zufall sein mag, dass sie nun in der gleichen Saison gegen Golfer aus der Weltspitze auf der DP World Tour antreten, so erstaunt das die Menschen in Lipperswil keineswegs. «Sie sind hier seit vielen Jahren Aushängeschilder», sagt Alexandra Sola, Managerin im Golfclub und ebenfalls seit langer Zeit Mitglied. 

Bei einem Besuch Ende Januar im Golfclub Lipperswil mit seinen 27 Löchern nehmen sich Alexandra Sola und ihr Mann Christopher Schmidt viel Zeit. Die beiden Manager sprechen über die Philosophie und das Leben im Club, aber auch über ihre Arbeit und die Veränderungen, die sie vorgenommen haben. Die Räumlichkeiten wirken freundlich und hell, und an Tatendrang mangelt es Sola und Schmidt nicht, um weitere Pläne umzusetzen. Sie nahmen im letzten Mai ihre Tätigkeit auf unter dem Motto «Aufbruch in die Zukunft». Nach dem Verkauf von 90 Prozent der Aktien an 371 interessierte Mitglieder, mit einem neu besetzten Verwaltungsrat sowie einem fast neuen Vorstand ist das Ehepaar dafür verantwortlich, dass der Golfclub reorganisiert wird und moderner, frischer und gepflegter daherkommt. 

Sola und Schmidt sind seit zwei Jahrzehnten Unternehmer und passionierte Golfer. Die Tochter von Alexandra Sola ist Chiara Sola, mehrfache Schweizermeisterin, eines der grössten Schweizer Talente und Mitglied des Frauen-Nationalteams. Auch deshalb verfügen die beiden über vielfältige Kontakte in der Golfwelt. Sola und Schmidt folgten auf Ian Gibbons, der am 1. Juli 2023 die Leitung des Golfparks Waldkirch übernahm. 

 

Das Hole-in-one von Gary Player

Wer sich mit Alexandra Sola und Christopher Schmidt unterhält, spürt den Drive und die Leidenschaft des Duos. Sie haben einen umfangreichen Digitalisierungsprozess eingeleitet und viel neues Personal eingestellt, unter anderem im grosszügigen Restaurant TWENTY7 mit riesiger Sonnenterrasse und Blick in die Berge sowie über den Golfplatz. «Uns ist es sehr wichtig, dass die Menschen gerne bei uns sind», sagt Schmidt, «und eine unserer Aufgaben ist es, dass sich die Gäste jederzeit wohl fühlen.» Bei der Auswahl der rund 45 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wurde darum unter anderem viel Wert auf Sozialkompetenz gelegt. 

Sola und Schmidt kennen viele der rund 850 Mitglieder persönlich, weil sie auch schon lange im GC Lipperswil dabei sind. Und mit Handicaps von 4 und 3 wissen sie genau, was Golferinnen und Golfern wichtig ist. «Leider kommen wir nicht mehr so oft dazu, selber auf den Platz zu gehen», sagt Sola, «aber die Arbeit bereitet uns Spass, weil wir viel gestalten und unsere Ideen einbringen können.» Der Mensch sei visuell gesteuert, und aus diesem Grund sei es wichtig, mit vielen hübschen und wertvollen Details Akzente zu setzen – etwa mit frischen Blumen auf der Anlage und im Restaurant oder mit Kunst von lokalen Künstlern auf dem Platz. Und wichtig ist Sola und Schmidt auch die Nachhaltigkeit, was sich etwa darin zeigt, dass auf dem Platz immer wieder Lebensraum geschaffen wird für Vögel und andere Tiere – bald sollen weisse Eulen angesiedelt werden. 

Ein Höhepunkt im letzten Jahr war der Besuch des legendären Golfers Gary Player im Sommer. Auf seiner Runde in Lipperswil gelang dem 88-jährigen Südafrikaner und neunfachen Major-Sieger tatsächlich ein Hole-in-one an Loch 14. Player ist bekannt für seine grandiose Fitness und seine motivierende Art, die auch in Lipperswil zu spüren war. 

Gary Player hat in seinem Leben bereits 36 Hole-in-ones erzielt. Und vermutlich gibt es weltweit nicht viele Golfer seines Alters, die immer noch auf derart hohem Level spielen. Bereits auf Loch 8 hätte er auf seiner Runde in Lipperswil beinahe mit einem Schlag eingelocht, der Ball lippte aber knapp aus. «Sein angenehmes Auftreten und seine klare Kommunikation waren inspirierend», sagt der Bündner Schmidt, der einst Snowboardprofi war und unter anderem als Unternehmensberater sowie im Treuhandbereich und in der Immobilienverwaltung gearbeitet hat. «Manager eines Golfclubs zu sein, ist faszinierend, weil jeder Tag anders ist», sagt er. «Und weil es ein Job ist, den man gerne macht, weil man mit Herz dabei ist.» 

 

Das Projekt «Vision 2026»

In diesem Winter waren auf der 9-Loch-Anlage «Feldgarten» im GC Lipperswil erstmals Sommergrüns, um die Bedürfnisse der Kundschaft noch besser befriedigen zu können. Das nahe gelegene Partner- und Wellnesshotel «Golfpanorama» gleich oberhalb des Feldgarten-Platzes ergänzt das Angebot in Lipperswil mit Kulinarik auf höchstem Niveau und einem 2000 Quadratmeter grossen Wellnessbereich. Seit 2024 ist der GC Lipperswil zudem Teil des PPG, einer attraktiven Vereinigung von mittlerweile zwölf Schweizern Golfclubs. «Das ist sehr interessant für unsere Mitglieder», sagt Sola, «weil sie so in der ganzen Schweiz kostenlos Golf spielen können.» 

Auch Alexandra Sola hat in ihrem Leben schon unterschiedliche Tätigkeiten ausgeübt. Sie war nach einer Banklehre Treuhänderin, Tennislehrerin, Sportmoderatorin und Journalistin, zudem unterstützt sie die Pink-Ribbon-Golftour, um nur ein paar Sachen zu nennen. «Unsere vielseitigen Erfahrungen und unsere Neugier helfen uns auf jeden Fall auch bei der Aufgabe als Manager hier im Golfclub», sagt die Ostschweizerin. 

Im Hintergrund wird im GC Lipperswil längst an der «Vision 2026» gearbeitet. Ziel ist es, eine der besten und innovativsten Golfanlagen der Schweiz zu werden. «Es kommen zwei neue Projekte hinzu; eines wird in der Schweiz revolutionär sein, denn man darf als Golfclub in der heutigen Zeit nicht stehen bleiben», sagt Sola. Einerseits gelte es, die langjährigen Mitglieder nicht zu verlieren, andererseits wolle man den jüngeren Spielerinnen und Spielern noch mehr Unterhaltung und Spass bieten. Und natürlich sollen die neuen Anlagen dazu führen, dass in Lipperswil auch in Zukunft gute Spielerinnen und Spieler ausgebildet werden. «Viele Leute im Club haben die Entwicklung von Joel Girrbach und Benjamin Rusch in den letzten zwanzig Jahren eng verfolgen dürfen», sagt Christopher Schmidt. «Für uns als Golfclub ist es eine grosse Ehre, zwei Spieler auf der DP World Tour dabei zu haben.» 

 

Das Ziel von Rusch und Girrbach in diesem Jahr

Bemerkenswert sind beim Aufstieg des Thurgauer Golfduos vor allem der Biss und die Hartnäckigkeit. Rusch erlitt im Verlauf seiner Karriere einige Rückschläge, auch nachdem er längere Zeit in den USA studiert und gespielt hatte und 2015 Profi wurde. Er verlor sogar seine Spielberechtigung für die Challenge Tour, kämpfte sich aber zurück bis ganz nach oben. Und auch von seinen Hüftproblemen lässt sich Rusch nicht aus der Ruhe bringen, selbst wenn die Beweglichkeit teilweise stark eingeschränkt ist und der untere Rücken wegen der veränderten Belastung beim Schwung leidet. Eine mögliche Hüftoperation wurde diskutiert, aber nicht durchgeführt, weil das eine lange Pause zur Folge gehabt hätte. «Ich habe hart für meinen Traum gearbeitet», sagt Rusch. «Nun werde ich alles versuchen, um Teil der DP World Tour zu bleiben.» Das ist auch das Ziel von Joel Girrbach. 

Es hilft auf jeden Fall, wenn mehrere gute Spieler am gleichen Ort trainieren

– Benjamin Rusch