Jeremy Freiburghaus in Action (GETTY IMAGES)

07.08.2023

«Ich musste wieder lernen, mit einem Cut zufrieden zu sein»

In seiner ersten Saison auf der DP World Tour berichtet Jeremy ­Freiburghaus in jeder Ausgabe über seinen Alltag.

Wenn man in einer Negativspirale steckt, weiss man nicht genau, woran es liegt.

– Jeremy Freiburghaus

«Bei meinem Debüt auf der DP World Tour verlief die erste Saisonhälfte nicht so, wie ich es mir erhofft hatte. Und wenn man nicht gut in ein Jahr startet, stellt man sich Fragen. Ich fokussierte zu sehr auf mein Spielrecht auf der Tour in der nächsten Saison und machte mir so natürlich zusätzlichen Druck. Hinzu kommt: Der einzige Schweizer Spieler zu sein, der auf diesem Niveau spielt, ist zwar wunderbar, trägt aber nicht gerade dazu bei, Druck wegzunehmen. Alle wollen, dass ich gut spiele. Deshalb wollte ich am Anfang manchmal alles etwas zu perfekt machen. Und wenn es nicht gut lief, war ich sehr enttäuscht. Wenn man in einer Negativspirale steckt, weiss man nicht genau, woran es liegt. Man fühlt sich einfach nicht wohl; es fehlt das Gefühl, unter Par spielen zu können. Daher probiert man allerhand aus, um den Trend umzukehren. Und man grübelt viel. Am Ende spielt man sein Spiel nicht mehr und weiss nicht mehr weiter. Wie man eine solche Spirale beendet? Indem man, wie man so schön sagt, die ‹kleinen Erfolge› feiert. Indem man sich zum Beispiel freut, einen Cut geschafft zu haben, und das Ergebnis als positive Entwicklung sieht. Man muss Schritt für Schritt vorgehen und sich bewusst sein, dass dieser Prozess Zeit braucht. Man möchte zwar, dass die Trendwende unverzüglich eintritt, aber diese Denkweise hilft nicht. Ich rede viel mit meinem Vater und mit den Coaches des Swiss Golf Teams, Stuart Morgan und Roberto Francioni. Und auch mit meinem Mentalcoach, dem ehemaligen Schweizer Curler Andreas Schwaller, der 2002 in Salt Lake City die Olympia-Bronzemedaille gewonnen hat. Wir telefonieren jede Woche. Ich erzähle ihm, wie ich mich fühle, was gut lief und womit ich Mühe hatte, und dann suchen wir gemeinsam nach Lösungen. Insgesamt musste ich im Vergleich zur letzten Saison auf der Challenge Tour mental wieder von vorne beginnen. Lassen Sie mich erklären, was ich damit meine. 2022 habe ich eine konstante Entwicklung durchgemacht: Zuerst überstand ich die Cuts, dann erzielte ich einige tolle Ergebnisse – einen vierten Platz, eine Niederlage im Playoff –, und so merkte ich, dass ich gewinnen konnte. Das Selbstvertrauen stieg, und schliesslich kam der Sieg. Ich war an einem Punkt angelangt, an dem ich mich nicht mehr mit einer Top-30-Platzierung begnügte. Ich wollte mehr. Aber nach meinem Aufstieg auf die DP World Tour musste ich wieder von vorne anfangen und lernen, mit einem überstandenen Cut zufrieden zu  sein.»