05.03.2024

REPORTAGE AUS DEM CAMP DES SWISS GOLF TEAMS IN AL AIN

Ein Grossteil der besten Schweizer Spielerinnen und Spieler hat sich in einem Trainingscamp des Verbandes in den Vereinigten ­Arabischen Emiraten (VAE) auf die  Saison vorbereitet. Wir waren dabei.

Donnerstagmorgen im Al Ain Equestrian, Shooting & Golf Club: Auf einem der drei Putting Greens des anderthalb Stunden von Abu Dhabi entfernten Komplexes bietet sich ein wahres Drill-Schauspiel. Ernsthafte, methodische Arbeit. 

Insgesamt geht man im Vorbereitungscamp des Swiss Golf Teams in den VAE eher locker miteinander um, ab und zu nimmt man sich auch gegenseitig auf den Arm. Aber bei diesem Putting-Training – bei manchen nimmt es fast drei Stunden in Anspruch – zeigt sich der wahre Geist des Camps. Der offizielle Plan verzeichnet heute einen «freien» Tag, die meisten der 14 Teilnehmerinnen und Teilnehmer (siehe Foto) trainieren allerdings ihre Schläge. «Ich bin hier, um zu trainieren, nicht, um am Swimmingpool zu faulenzen», sagt Fiorino Clerici. Eine Woche später wird er ein Turnier der Pro Golf Tour gewinnen – und das ist bestimmt kein Zufall.

Das Tagesprogramm in Al Ain: Intensives Golftraining von 8.00 bis 17.30 Uhr, dann geht es ins Hotel (Rotana), in den Fitnessraum oder zum Padel-Tennis. Es folgt ein gemeinsames Dinner und für die meisten ein Termin bei der ebenfalls angereisten Physiotherapeutin von Swiss Golf, Gabi Tobler. 

Freiheit pur

An einigen Abenden stehen Online-Meetings mit den Expertinnen und Experten des BASPO auf dem Programm. Hier setzt man sich mit Fragen zum «Personal Brand» und zu den Social Media auseinander. Beim Golf an und für sich wissen die Athletinnen und Athleten die Mischung aus internen Wettkämpfen und freiem Training – auf der Driving Range oder auf dem Platz – sehr zu schätzen. Nicht zuletzt, weil Al Ain und seine Ruhe ein Synonym sind für Freiheit pur und ständige Tee Times – sowohl auf dem 18-Loch-Platz, dem Schauplatz eines Challenge-Tour-Turniers im April als auch auf dem benachbarten Pitch & Putt.

Die Spielerinnen und Spieler tauschen sich laufend mit Marc Chatelain (Head of Performance Sport) und den Performance Coaches Jeremy Carlsen, Richard Adby und dem neu zum Team gestossenen Peter Arnott aus. «Die Athletinnen und Athleten kommunizieren ihre Bedürfnisse, und wir bemühen uns, ihnen zu helfen», erklärt Marc Chatelain. «Das ist unser Modus operandi. Wir sind nicht hier, um für sie zu entscheiden, sondern, um sie zu unterstützen, sie herauszufordern, und um sicherzustellen, dass das Camp reibungslos verläuft.»

Der Zürcher Pro Ronan Kleu ist begeistert: «Wirklich cool, dass uns alle Coaches zur Verfügung stehen. Und dass man nach einem ersten Indoor-Training draussen bei idealem Wetter, auf einem perfekten Platz und zusammen mit den besten Schweizer Golferinnen und Golfern trainiert, ist nicht nur angenehm, sondern auch wettkampfintensiv.»

Die Swiss Golf Foundation als Geldgeberin

Das Programm wird nach den Plänen und Anliegen der einzelnen Teilnehmerinnen und Teilnehmer gestaltet. Für die Spieler der Pro Golf Tour stehen schon bald Wettkampfsituationen auf dem Programm, da sie nur eine Woche in Al Ain bleiben, um anschliessend in Ägypten die Saison einzuläuten. «Bei allen anderen stellt das Training auf die persönliche Entwicklung ab und gestaltet sich individuell», sagt Marc Chatelain. 

Die fünf Spielerinnen der Ladies European Tour bleiben am längsten in Al Ain: Insgesamt zwei Wochen verbringen sie in einem Trainingscamp, das von der Swiss Golf Foundation finanziert wird und den Ansatz von Peter Arnott bereits integriert.

Der 47-jährige, aus Edinburgh stammende Absolvent eines Masterstudiums auf dem Gebiet der wissenschaftlichen Forschung und seit 2008 Head of Instruction an der Golfakademie Swanston (Schottland) begeistert sich für das wissenschaftsgestützte Lernen. Seine Rolle im Swiss Golf Team? «Beobachtung der Emotionen und spielerischen Neigungen der Golferinnen und Golfer bei Turnieren, um diese nach Möglichkeit im Training nachzustellen, an ihnen zu arbeiten und sie zur Routine werden zu lassen.» So umschreibt es Peter Arnott selbst.

Aufgaben und Herausforderungen

Das Spiel unter Druck gehört zu diesen Situationen. «Daher stellen wir die Spielerinnen und Spieler im Training auf dem Platz vor Aufgaben mit Einsätzen in für sie relevanten Spielbereichen.» Hierbei geht es nicht zwingend um Geld. Ein Spieler – er soll hier namenlos bleiben – hat alle Golfschuhe des Teams gesäubert, nachdem er beim Putting kein positives «Strokes Gained»-Ergebnis erzielen konnte. 

Wie er uns anschliessend erzählte, hat ihn diese Herausforderung beim entsprechenden internen Wettkampf sehr beschäftigt und ihm «beim Spiel echte Emotionen» beschert. Den Verliererinnen und Verlierern der Freitags-Challenge ging es ebenso, dachten sie doch, dass sie anschliessend die nahe gelegenen Pferdeställe putzen müssten – bis der Coaching Staff ihnen verriet, dass es sich um eine fiktive «Strafe» handelte. Zur allgemeinen Erleichterung.

Die Athletinnen und Athleten kommunizieren ihre Bedürfnisse, und wir bemühen uns, ihnen zu helfen

– Marc Chatelain, Swiss Golf Head of Performance Sport