«Gegenseitige Vorurteile haben wir schnell ausgeräumt»: Pius A. Achermann, Präsident GC Arosa & des Bündner Golfverbands

19.04.2024

Golfclubs, Kanton und Bio-Produzenten: Konstruktive Zusammenarbeit

Wie man Nachhaltigkeit und Biodiversität dank einem branchenübergreifenden Ansatz fördern kann zeigt ein wegweisendes Projekt im Kanton Graubünden, das mit Vorurteilen aufräumt.

Im Kanton Graubünden hat ein Biodiversitätsprojekt seinen Anfang genommen, das insofern bemerkenswert ist, als dass erstmals elf Clubs mit den Umweltexperten des Kantons und einem Naturschutzverein die langfristige Zusammenarbeit pflegen. Pius Achermann, Präsident des Golfclubs Arosa und des Bündner Golfverbands, zeigt sich gegenüber Swiss Golf mehr als zufrieden mit den ersten Ergebnissen.

Pius A. Achermann, das Pilotprojekt wurde vor genau sechs Monaten lanciert. Gab es anfänglich berechtigte Skepsis vonseiten der elf Bündner Clubs?

Das anfängliche Vorurteil, dass das ANU (Amt für Natur und Umwelt Graubünden) Auflagen machen könnte, die einschneidende Änderungen für die Golfer bedeutet hätten, konnte schnell ausgeräumt werden. Tatsächlich haben wir festgestellt, dass gegenseitig Vorurteile bestehen. Die Umweltexperten dachten zum Beispiel fälschlicherweise, dass die Clubs tonnenweise Dünger einsetzen. Im gemeinsamen Gespräch haben wir vieles geklärt, so dass alle Clubs, die zwölf Golfplätze im Bündnerland betreiben, ihre Zusammenarbeit zugesichert haben.

Manche Clubs haben schon vorher mit Ökobüros zusammengearbeitet. Wie gestaltet sich diesbezüglich die Zusammenarbeit?

Richtig, diese Clubs haben ihre Planung an Ingenieurbüros outgesourct. Beispielsweise hat Sagogn auf Anraten ihrer Experten Hecken angepflanzt, um ihre besondere Fledermausart zu schützen. Diese Clubs sind also schon einen Schritt weiter. Auch in diesem proaktiven Vorgehen erkannte das ANU unser Interesse an der Weiterentwicklung.

Wo steht man heute im 5-Punkte-Plan des Vorgehens?

In einem ersten Schritt wurde der Ist-Zustand der Biodiversität ermittelt. Vier Pilot-Clubs haben diesen Bericht eingereicht: Arosa, Sagogn, Engadin und Sedrun. Anschliessend wurde die Massnahmenplanung definiert. Der Kanton unterstützt jeden Club mit 5000 Franken bei der Umsetzung diverser Projekte. Damit lassen sich vielerorts spannende Innovationen einführen. Manche Verbesserungen lassen sich von den Greenkeepern in nur einem Tag umsetzen, andere nehmen einen Monat in Anspruch, langfristig planen wir im Zeitraum von vier bis sechs Jahren. Das ANU hat signalisiert, dass auch grössere Projekte unterstützenswert wären. Solche Finanzierungen werden per Baugesuch mit Terraviva eruiert. Ein solches Projekt, ein Biotop im Trockengrasbereich, ist schon jetzt in Ausarbeitung.

Graubünden Ferien (GRF) und die Bio-Produzentenorganisation Terraviva haben das Förderprojekt ja angestossen. Können die Golfclubs von den Früchte- und Gemüseproduzenten etwas lernen?

Unterschiedlichen Interessen zum Trotz: ja, absolut! Vor Ostern trafen sich GRF, Swiss Golf,  Clubpräsidenten mit ihren Clubmanagern, Head Greenkeepern gemeinsam mit den begleitenden Ingenieurbüros. In allen Bereichen war festzustellen: wir wollen alle dasselbe. Wir haben gemerkt, wo wir nachbessern können, und wir nehmen den Support dankbar an. Man fand überall lobende Worte für die konstruktive Zusammenarbeit.

Kamen neue Ideen auf den Tisch?

Im Jahresbericht des Kantons zur Biodiversität sind erstmals zwei Projekte von Golfplätzen enthalten. In Alvaneu zum Beispiel wurden Schutzmassnahmen für schweizweit seltene Amphibien ins Leben gerufen. Eine Empfehlung, die wir in Arosa umsetzen werden, betrifft die Mäuse, die sich auf einem Fairway störend auswirken. Darum werden wir Lebensraum für den natürlichen Feind der Mäuse schaffen, den Hermelin. Wir haben eine steile Lernkurve! Vorwegnehmen darf ich, dass wir eine Werbekampagne von GRF unterstützen. Wer bei uns seine Golfferien verbringt, und eine schlechte Runde spielt, der kann seine Scorekarte einschicken, worauf GRF, Bündner Golfverband und Kanton fünf Franken für die Biodiversitätsmassnahmen sprechen. 

Mussten denn bei all diesen neuen Massnahmen überhaupt keine Kompromisse eingegangen werden, die den Golfer in seinem Spiel beeinträchtigen könnten?

Nein, solche Befürchtungen sind nicht eingetroffen. Wenn man der Natur ihren Lauf lässt, und die Wiese an einem Waldrand nicht mehr so grün sein wird, ist möglicherweise ein Ball nicht mehr so einfach zu finden. Aber das sind kleine Opfer.

Lässt sich neben den Frankeninvestitionen der Manpower-Aufwand beziffern?

Wir organisieren z B in Arosa im Frühling und Herbst je einen Helfertag. Das ergibt drei Wochen Arbeitszeit im Frondienst zugunsten der Biodiversität.

Welches sind die nächsten Meilensteine?

Ende Jahr werden alle elf Clubs ihre Bestandesaufnahmen abschliessen. Dann werden wir mit dem ANU einen Masterplan aufsetzen, um in den kommenden vier Jahren die Massnahmen umzusetzen. Nachdem der Anfang etwas harzte, liegen wir nun im Zeitplan. Wichtig zu erwähnen ist auch, dass wir mit diesem Bündner Projekt keinen Separatismus betreiben, sondern uns in Zusammenarbeit mit Swiss Golf mit den Anliegen in der ganzen Schweiz vernetzen. Auch die gute Zusammenarbeit mit dem Verband ist für uns sehr wichtig.

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